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VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25.09.2024 – 14 K 1234/23 (nicht rechtskräftig) Fahrtenbuchauflage nach zwei Verstößen ohne Mitwirkung zulässig

Wer sich als Fahrzeughalter weigert, bei der Aufklärung von Verkehrsverstößen mitzuwirken, riskiert eine Fahrtenbuchauflage – und das auch dann, wenn er selbst nicht gefahren ist. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen bestätigte in einem aktuellen Urteil die Rechtmäßigkeit einer 18-monatigen Fahrtenbuchauflage, nachdem der Halter in zwei Bußgeldverfahren keinerlei zur Fahrerfeststellung beitragende Angaben gemacht hatte. Das Gericht betonte die Schutzfunktion des Fahrtenbuchs und stellte klar: Wer sich jeder Mitwirkung entzieht, kann die Ermittlungsarbeit der Behörde nicht ins Leere laufen lassen.

Sachverhalt

Das in Bottrop zugelassene Fahrzeug des Klägers wurde innerhalb von zwei Tagen gleich zweimal in Düsseldorf geblitzt: zunächst im Kö-Bogen-Tunnel mit 9 km/h zu viel und einem Handy am Ohr, am Folgetag im Rheinufertunnel mit einer Überschreitung um 21 km/h. Beide Verstöße wären mit einer Geldbuße und jeweils einem Punkt im Fahreignungsregister geahndet worden.

Die Bußgeldstelle hörte den Halter an, erhielt aber keine Antwort. Erst nach Erlass der Bußgeldbescheide legte der Kläger Einspruch ein und verwies auf eine E-Mail, in der er bereits in einem anderen Verfahren erklärt habe, nicht der Fahrer gewesen zu sein. Auf weitere Nachfragen reagierte er nicht. Da der Fahrer anhand des Beweisfotos nicht identifiziert werden konnte, stellte die Behörde die Verfahren ein.

Daraufhin ordnete die Stadt Bottrop an, für das betreffende Fahrzeug ein Fahrtenbuch für die Dauer von 18 Monaten zu führen. Der Kläger hielt die Maßnahme für unverhältnismäßig und argumentierte, er habe sich doch per E-Mail geäußert. Die Behörde entgegnete, die E-Mail sei zeitlich vor dem ersten Verstoß eingegangen und beziehe sich offensichtlich auf einen anderen Fall. Das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen wies die Klage ab.

Allgemeine Voraussetzungen einer Fahrtenbuchauflage

Gem. § 31a StVZO darf die zuständige Behörde dem Halter eines Fahrzeugs das Führen eines Fahrtenbuchs auferlegen, wenn nach einer Zuwiderhandlung gegen Verkehrsvorschriften der verantwortliche Fahrer nicht festgestellt werden kann.

Nach der Rechtsprechung des BVerwG darf eine Fahrtenbuchauflage nur bei Verstößen „von einigem Gewicht“ ergehen, um dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gerecht zu werden. Ein Verkehrsverstoß ist als erheblich einzustufen, wenn er nach dem Bußgeldkatalog mit mindestens einem Punkt im Fahreignungsregister geahndet würde. Leichte Ordnungswidrigkeiten ohne Punkt, wie geringfügige Geschwindigkeitsüberschreitungen oder Parkverstöße, rechtfertigen keine Fahrtenbuchauflage. Diese Schwelle dient dem Schutz der allgemeinen Handlungsfreiheit des Halters und verhindert unverhältnismäßige Eingriffe.

Rechtliche Würdigung

Das Gericht sah die Fahrtenbuchauflage als rechtmäßig an. Beide Verstöße waren erheblich, da sie jeweils punktbewehrt waren. Die Behörde hatte alle zumutbaren Ermittlungen vorgenommen und musste nicht, wie der Kläger meinte, „ins Blaue hinein“ im Umfeld oder in der Nachbarschaft nach möglichen Fahrern suchen.

Der Halter ist verpflichtet, im Rahmen des Zumutbaren an der Aufklärung mitzuwirken, etwa durch Benennung des Fahrers oder Eingrenzung des Nutzerkreises.

Da der Kläger jede Mitwirkung verweigert hatte, durfte die Bußgeldbehörde die Fahrtenbuchauflage verfügen. Die Dauer von 18 Monaten hielt das Gericht für angemessen, weil der Kläger gleich bei zwei aufeinanderfolgenden erheblichen Verstößen keine Hilfe bei der Fahrerermittlung geleistet hatte. Das Fahrtenbuch diene hier dem Schutz der Allgemeinheit: Es soll sicherstellen, dass bei künftigen Verstößen mit demselben Fahrzeug der verantwortliche Fahrer festgestellt werden kann.

Bewertung

Die Entscheidung zeigt deutlich, dass die Fahrtenbuchauflage keine Strafe, sondern eine präventive Sicherungsmaßnahme ist. Sie soll gewährleisten, dass künftig mit demselben Fahrzeug begangene Verkehrsverstöße aufgeklärt werden können.

Wer als Halter meint, durch Schweigen einer Auflage entgehen zu können, irrt: Gerade die fehlende Mitwirkung kann die Maßnahme erst recht begründen. Gleichwohl ist die Anordnung immer eine Ermessensentscheidung. Die Dauer und Reichweite müssen sich am konkreten Einzelfall orientieren.

Halter können also hoffen, dass bei einmaligem Fehlverhalten eine kürzere Auflage genügt – eine Garantie dafür gibt es jedoch nicht. Wer bei der Fahrerfeststellung nicht hilft, muss jederzeit damit rechnen, dass die Behörde zur Fahrtenbuchauflage greift, um zukünftige Verstöße nachvollziehbar zu machen.

Quelle: VG Gelsenkirchen, Urteil vom 25.09.2024 – 14 K 1234/23 (nicht rechtskräftig)


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
7. Oktober 2025

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