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Testament kurz vor dem Tod geändert – Zweifel an Testierunfähigkeit reichen nicht aus

Das Oberlandesgericht (OLG) Zweibrücken hatte sich mit der Frage zu befassen, ob ein wenige Wochen vor dem Tod errichtetes Testament wirksam ist, wenn Angehörige die Testierfähigkeit des Erblassers anzweifeln.

Der Fall

Ein kinderlos gebliebener Witwer hatte im Jahr 2000 gemeinsam mit seiner Ehefrau einen notariellen Erbvertrag geschlossen. Darin setzten sich die Ehepartner gegenseitig zu Alleinerben ein. Für den Fall des Letztversterbenden waren mehrere Nichten und Neffen als Schlusserben vorgesehen. Zugleich enthielt der Erbvertrag eine sogenannte Änderungsklausel: Der überlebende Ehepartner durfte die Erbeinsetzung abändern.

2018 – rund sechs Wochen vor seinem Tod – errichtete der Witwer im Krankenhaus ein notarielles Testament. Er hob die Einsetzung der Nichten und Neffen auf und bestimmte stattdessen eine Bekannte zur Alleinerbin. Nach seinem Tod beantragten die Verwandten dennoch einen Erbschein auf Grundlage des Erbvertrags. Ihr Argument: Der Erblasser sei zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung nicht mehr testierfähig gewesen.

Erste Instanz: Zweifel genügen

Das Amtsgericht folgte dieser Argumentation. Gestützt auf ärztliche Befunde und ein psychiatrisches Gutachten kam es zu dem Schluss, der Witwer habe beim Verfassen des Testaments seine geistigen Fähigkeiten bereits eingebüßt.

OLG: Vermutung der Testierfähigkeit

Das OLG Zweibrücken (Beschl. v. 24.04.2024 – 8 W 60/23) hob diese Entscheidung jedoch auf. Grundsätzlich gilt: Jeder Erblasser ist bis zum Beweis des Gegenteils als testierfähig anzusehen.

Nach § 2229 Abs. 1 BGB kann ein Testament von jeder Person errichtet werden, die das 16. Lebensjahr vollendet hat und nicht nach Abs. 4 testierunfähig ist. Testierunfähig ist, wer wegen krankhafter Störung der Geistestätigkeit, wegen Geistesschwäche oder wegen Bewusstseinsstörung nicht in der Lage ist, die Bedeutung einer von ihm abgegebenen Willenserklärung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln.

Die von der Sachverständigen herangezogenen Indizien – etwa nächtliche Unruhe, Beschwerden über angebliche Fehlfunktionen medizinischer Geräte oder Müdigkeit – reichten nach Auffassung des Gerichts nicht aus, um eine sichere Diagnose der Testierunfähigkeit zu stützen. Vielmehr sei offen geblieben, ob diese Auffälligkeiten krankheitsbedingt und tatsächlich Ausdruck einer Bewusstseinstrübung waren.

Hinzu kam: Der Erblasser litt an einer chronischen Leberkrankheit, die zeitweise zu kognitiven Einschränkungen führen kann, ohne jedoch zwingend eine dauerhafte Störung der Geistestätigkeit zu begründen.

Fazit

Für die Feststellung der Testierunfähigkeit nach § 2229 Abs. 4 BGB sind konkrete, eindeutige Anhaltspunkteerforderlich. Bleiben Zweifel, gehen diese zulasten derjenigen, die sich auf die Unwirksamkeit des Testaments berufen. Das bedeutet: Auch ein kurz vor dem Tod errichtetes Testament ist wirksam, solange die Testierunfähigkeit nicht eindeutig nachgewiesen ist.

Quelle: Beschluss des Oberlandesgerichts Zweibrücken vom 24.04.2024 – 8 W 60/23


Ein Fachbeitrag aus dem DIRO-Netzwerk

Beitrag veröffentlicht am
26. September 2025

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