Verkehrsrecht aktuell Haftungsverteilung bei berührungslosen Unfällen
Unfälle im Straßenverkehr sind leider keine Seltenheit. Besonders kompliziert wird es, wenn es zu einem sogenannten berührungslosen Unfall kommt. In solchen Fällen stellt sich oft die Frage, wie die Haftung zwischen den beteiligten Parteien verteilt wird. Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Celle vom 13. Dezember 2023 (Az. 14 U 32/23) gibt hierzu wichtige Hinweise.
In dem zugrunde liegenden Fall kam es zu einem Unfall, bei dem ein Motorradfahrer stürzte, um einen Auffahrunfall zu vermeiden. Der Motorradfahrer war gezwungen, stark abzubremsen, als ein anderer Verkehrsteilnehmer plötzlich ein Hindernis umfuhr. Obwohl es zu keiner Berührung zwischen den Fahrzeugen kam, erlitt der Motorradfahrer erhebliche Verletzungen und sein Fahrzeug wurde beschädigt.
Das OLG Celle entschied, dass der sogenannte Anscheinsbeweis, der normalerweise bei Auffahrunfällen gilt, auch bei berührungslosen Unfällen Anwendung findet. Dies bedeutet, dass zunächst davon ausgegangen wird, dass der Auffahrende den Unfall verursacht hat, es sei denn, er kann das Gegenteil beweisen. In diesem Fall konnte der Motorradfahrer jedoch nicht nachweisen, dass er den erforderlichen Sicherheitsabstand eingehalten hatte oder besonders aufmerksam war.
Das Gericht kam zu dem Schluss, dass dem Motorradfahrer eine Mitschuld von 60% zuzuschreiben sei, während der andere Verkehrsteilnehmer zu 40% haftbar gemacht wurde. Diese Entscheidung basiert auf der Annahme, dass der Motorradfahrer entweder unaufmerksam war oder den Sicherheitsabstand nicht eingehalten hatte, was letztlich zu seinem Sturz führte.
Dieses Urteil verdeutlicht, wie wichtig es ist, stets einen ausreichenden Sicherheitsabstand einzuhalten und aufmerksam zu fahren, um im Falle eines Unfalls nicht die Hauptschuld zu tragen. Es zeigt auch, dass Gerichte den Anscheinsbeweis auch bei berührungslosen Unfällen anwenden können, was für die Betroffenen oft überraschend sein mag.
Fazit: Das Urteil des OLG Celle schafft Klarheit in der Frage der Haftungsverteilung bei berührungslosen Unfällen und betont die Bedeutung von Aufmerksamkeit und Sicherheitsabstand im Straßenverkehr. Für Verkehrsteilnehmer bedeutet dies, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sein und stets vorsichtig fahren sollten, um im Falle eines Unfalls nicht die Hauptlast der Haftung tragen zu müssen.
OLG Celle, Urteil vom 13.12.2023, Az. 14 U 32/23